"Heeresreform"
Von Martin Krusche

Wenn schon quer durchs Land gespart wird, dann auch hier: ich bin für eine Heeresreform. Jetzt. Jetzt sollte man sie durchführen. Mit einer kühnen Vision. Über das was wir haben will ich mich hier nicht äußern. Über das was wir haben könnten, wäre nun zu reden. Ich spreche nicht für ein stehendes Heer. Zu teuer. Oder für polizeiähnliche Verbände. Diese Idee ist seit 1934 als innenpolitisches Risiko diskreditiert. Wir brauchen einen radikaleren Reformansatz, der uns davon befreien kann, daß wir im Frieden nutzlose Truppen durchfüttern, die womöglich nach jedem Vorfall, der zum Ernstfall führt, uns selbst viel mehr zu bedrohen vermögen, als irgendeine andere Armee der Welt ... ausgenommen vielleicht jene von Polynesien, die mit ihren Kanus und Auslegerbooten allein an unserer alpinen Lage scheitern dürfte. Ich habe gedient, Herrschaften, und sage das nicht leichtfertig.

Die Sache wäre leicht zu lösen. Es heißt, in unserem Land fehlten Lehrstellen und folglich Facharbeiter. Das fand ich sehr anregend. Den entscheidenden Impuls erhielt ich, als die Pumpe meines Hausbrunnens wieder einmal leckte und ich – Sie ahnen es gewiß – auf den Installateur recht lange warten mußte. Es gibt einfach zu wenig Installateure in der Oststeiermark. Und wenn einer zu mir findet, ist es eine viertel Stunde vor seiner Mittagspause, er hat seinen wichtigsten Schraubenschlüssel in der Firma vergessen und das war’s dann, Leute!

Dadurch wurde mir klar: wir müssen die bewaffneten Einheiten durch Facharbeiterverbände ersetzen. Handwerkstruppen. Damit würde schon einmal das leidige Sterben im Kriege ein Ende haben. Zumindest in einem Krieg, den wir führten. Diese Sterberei, das ist ja ohne Frage ein ziemlich unerfreuliches Berufsrisiko, durch das man – im Ernstfall – laufend Witwen mit Ringen um die Augen, schlecht erzogene Kinder und wohltätige Heldenmütter erzeugt. Auch würde das unappetitliche Verwunden und Versehren von Mannsbildern der Vergangenheit angehören. Ich meine: wer steckt schon seinen besten Lieblingsschraubenzieher zwischen die Rippen von irgendeinem wildfremden Menschen? Sowas tut ein solider Handwerker nicht.

Ich bin also zum Beispiel für Installateursregimenter, die nicht um sich stechen, metzeln, töten, sondern gut ausgebildet und topfit ins Feindesland einfallen, um dort recht fix dem anderen Volke in Küchen, Badezimmern und Klosetten alles abzuschrauben, was primären Lebensbdürfnissen nützt. Glauben Sie mir: das ist unter Garantie genauso schlimm wie schießen.

Oder stellen Sie sich Elitetrupps von Fliesenlegern vor, deren Hauptwaffe die ästhetisch überaus entbehrlichen Fliesenbestände unserer Baumärkte sind. Motorisierte Trupps, mit unseren Fernfahrern in den Kabinen der bewährten Steyr Diesel, die nächtens blitzartig einfallen, Dorfplätze, Polizeistationen und Kasernen verfliesen ... alles mit bruchanfälligen, häßlichen, rutschigen Fliesen bekleben.

Wenn dann noch kleine, schwer greifbare Elektrikerkommandos vorrücken, die nichts anderes tun als das, was unsere zivilen Elektriker so auf Lager haben, die falschen Dinge unter Strom setzen, die richtigen Dinge hoffnungslos lahmlegen (seh sich jemand meine HiFi-Anlage an, nachdem ich sie zweimal zur Reparatur gebracht hatte!) ... Und dann laß sie die gewohnt hohen Rechnungen schreiben. Wenn also Feindesland nach abgeschraubten Wasserleitungen und Klosettspülungen, nach Fliesenlegerattacken und marktüblicher Rechnungslegung noch zu belebt wirkt, schicken so manchen Rauchfangkehrer nach. Zur Prüfung, wie die Gegebenheiten mit den Brandschutzrichtlinien übereinstimmen. Wir schleusen auf besonders schwierigen Terrains den einen oder anderen Automechaniker hinter die Front. Wo das noch immer nicht reicht, geben wir einige Tischler drauf, welche Kommandozentralen infiltrieren und den Stabsoffizieren die Einrichtungen, das Mobiliar erneuern.

Wenn unserer Installateure, Fliesenleger, Kraftfahrer, Elektriker, Rauchfangkehrer, Automechaniker, Tischler und andere Fachkräfte in Divisionsstärken ebenso wie in wendigen Kommandotrupps mit unserem Feind fertig sind, führt der auf Jahre keinen Krieg mehr. Gegen niemanden. Nicht einmal gegen Polynesien.

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