Christine Werner
"Geld oder (Ab-)Leben"


Österreich in Krisenstimmung. Also macht die Regierung Krisenstimmung: Kapital sei zu bilden, Schuldenlöcher zu stopfen, die Wirtschaft vor dem Ruin zu bewahren. Eine erschreckende Bilanz. Als Außenminister, ja, da war es noch leicht, die Wirtschaft zu loben. Aber jetzt... Der Kanzler ist kein grober Mann. Er lächelt ganz väterlich und schwört, ein Ruhepol zu sein. Dann rast die Zeit wie verrückt, der Sommer zieht ein... Was hat die Herrschaft nicht alles geleistet! Läßt man sie zeigen, was sie zeigen will? Nein, man legt ihr Äste in den Weg. Bäume. Prügel! Die Verwirklichung einiger Reformvorhaben ist der Regierung NICHT abzusprechen: Sie kann das beweisen. Unter "reformierten" Voraussetzungen! Modernreformatisch. Modernistische Refrumsen. Ref Modern. Jeder Regierungsbeauftragte hat mindestens einmal pro Tag einen Wohlfahrtsgedanken. Alt aber neu. Es gibt so viel zu sagen. Über Heimat. Über Liebe nicht immer. Heimatliebe ausgenommen.
Ein Staat stellt keine Forderungen an den Staat. Wer Treuhänder des Staatsgedanken ist, prüfe Ist und Soll und Haben. Haben-sollen und Nehmen-müssen. Hergeben dürfen sie nichts. Aber einnehmen. Das Politische ist ein Zahlenkarussell. Darüber hat sich bisher niemand Gedanken gemacht. Was ab sofort anders werden wird. Jede Maßnahme bringt eine Zunahme der Kosten mit sich. Man hat es mit einer riesigen Ausgabenschleuder zu tun. Die Regierung ist ein Reparierbetrieb, eine vom Vorgänger gezwungene Wiedergutmachungsmaschinerie. An den Altlasten erstickt sie aber nicht. Nur beinahe. Der soziale Frieden bringt nicht sie, sondern andere um. Denn: die Armen sind in Wirklichkeit nicht bedürftig und die wirklich Bedürftigen werden erst gar nicht bedürftig, weil sie sich anstrengen, bedürfnislos zu sein. Da Betriebe hauptsächlich alle und darüber hinaus die Betriebsamen gut fütterten. Ein Sozialstaat misst den Eigenbedarf der Regierenden. Es wird ihnen und sonst auch allen gegeben was sie nicht brauchen. Wenn ein neuer Minister nur zielt, hat er schon einen Treffer gemacht. Täglich zeigt er die Beute vor, sein Sicherheitspaket für Krieg und Frieden. Wer sein Volk liebt, muß es anfeuern, damit es nachher, später (manchmal sehr spät), weiß, was es bekommen hat.
Da ist man gerecht und niemand dankt. Also ein paar Orden aufzeichnen und NICHT abdanken. Dies kann jeder Zeit - und kostenlos - in eine Rede montiert werden. Bald wird Geld der Rede nicht wert sein. Wer hat, schweigt darüber. Umsonst ist nur der Tod. Und der kostet das Leben.
Am Anfang standen sie wie Anfänger da. Heute dürften sie endlich anfangen. Dem Kanzler liegt das Nähere fern. Er ist ein Zukunftsmensch. Ein von Verlierern zum Gewinner erkorener Schöngeist. Während andere vom Geist verlassen sind. Mit Ausnahme des Finanzministers, dessen geistiges Potential nicht ausgeschöpft wird.

[Biobibliografie als RTF-File]
Nulldefizit: Text 021 [7•01]