Steiermark: Sehnsucht und Rausch
Betr.: Bürgerwehr in Graz

Dringlicher Antrag
an den Gemeinderat
eingebracht von Herrn Gemeinderat Bernd Weiss
in der Sitzung des Gemeinderates
vom Donnerstag, 11. April 2002

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Die Stadt Graz ist einmal mehr – nicht nur österreichweit – in aller Munde: Auch internationale Fernseh- und Radiostationen wollen dem Vernehmen nach in den nächsten Tagen und Wochen in Graz Station machen. Worüber wir uns glücklich schätzen könnten, wäre da nicht der Grund für das Interesse ein ganz bestimmter: die FPÖ mit ihrer Bürgerwehr.

Die Medienberichte in den vergangenen Tagen und Wochen sprechen insgesamt für sich – und in einer selten da gewesenen Geschlossenheit gegen dieses Projekt.. Das Profil titelte etwa in seiner jüngsten Ausgabe damit, dass in Graz abstruse Ideen Konjunktur hätten. Mit Ausnahme der Erfinder der "Bürgerwehr", eben der FPÖ, ist uns eigentlich keine positive Stellungnahme zu dieser – gelinde gesagt – merkwürdigen Idee zu Ohren gekommen:

  • Die als erstes Bürgerwehr-Zielgebiet auserkorene "GIBS" wehrt sich zu Recht dagegen, dass orangebejackte Bürgerwehrler vor der Schule - mit Videokamera und Fotoapparat bewaffnet – Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern, Eltern, Besucherinnen und Besuchern oder nichts ahnenden Passantinnen und Passanten auflauern.
  • Polizeidirektor Dr. Franz Stingl, hegt schwere Bedenken gegen diese wehrhaften Bürger in Orange
  • Caritas-Direktor Dr. Franz Küberl macht sich berechtigte Sorgen, dass diese Fotosafari auf eine AusländerInnen- und speziell SchwarzafrikanerInnenjagd hinausläuft
  • und mehr als 10.000 Grazerinnen und Grazer haben mittlerweile bereits in einer Unterschriftenaktion diese Bürgerwehr klipp und klar abgelehnt.

In diesem Sinne – sowohl um die internationale Reputation unserer Stadt zu wahren, als auch ein Zeichen gegen mögliche Belästigungen für PassantInnen bzw. Beeinträchtigungen der Arbeit der Grazer Exekutive zu setzen – ist es dringend erforderlich, dass der Gemeinderat der Stadt Graz diese Aufstellung einer Bürgerwehr auf das Schärfste verurteilt, weil Graz weder Kriegs- noch Krisenregion ist und auch international nicht als solche diffamiert werden darf. Ganz im Gegenteil: Graz ist eine lebenswerte, weil auch sichere Stadt – und genau darauf sind die Grazerinnen und Grazer auch zu Recht stolz.

Namens der SPÖ-Gemeinderatsfraktion stelle ich folgenden

dringlichen Antrag:

  1. Der Gemeinderat der Stadt Graz möge folgende Resolution verabschieden:
    "Der Gemeinderat der Stadt Graz verurteilt auf das Schärfste die Einrichtung einer Bürgerwehr, wie dies seitens der FPÖ geplant wird bzw. sich in Realisierung befindet."
  2. Die zuständigen Magistratsabteilungen der Stadt Graz werden beauftragt, den "uniformierten" Einsatz von Bürgerwehren in der von der FPÖ geplanten Form auf ihre Verfassungsmäßigkeit, auf die Beeinträchtigung der Privatsphäre, auf Bestimmungen des Gewerberechtes und der Straßenverkehrsordnung in Zusammenarbeit mit dem Verfassungsdienst und der Datenschutzkommission im Bundeskanzleramt sowie mit dem Innenministerium zu überprüfen
  3. und – analog zur so genannten Bettlerverordnung – eine ortspolizeiliche Verordnung gegen die Aufstellung einer Bürgerwehr zur Beschlussfassung für den Gemeinderat vorzubereiten.

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