| Steiermark: Sehnsucht und Rausch |
| Von: ni2k mailto:nik@cheapkarma.de Gesendet: Mittwoch, 17. April 2002 09:59 Betreff: Re: von alle aber is sachlich jetzan Sehr verehrte (is natürlich ein schlechter witz) frau uray-frick. vielen Dank für Ihre Antwort. Trotzdem abschließend (die zweitgrößte Lust des
Österreichers ist "das letzte Wort"): Auch dass es sich bei den Mitgliedern um Bürger handelt, die sich für Bürger einsetzen, ist natürlich blanker Unsinn. Vielmehr handelt es sich um Bürger, die sich für ganz bestimmte Bürger (weiße Hautfarbe, nicht mittellos, etc...) einsetzen, wobei es scheinbar zumindest einen dieser schützenswerten Bürger gibt, der damit ganz und gar nicht einverstanden ist. Wenn sie einen dieser braven Bürgerwehrbürger dabei beobachten, wie er einem Obdachlosen seine Hilfe angedeihen lässt, lassen Sie es mich bitte wissen. Das von Politikern aller Fraktionen beliebte Diktum vom "mündigen Bürger" ist ja scheinbar eine Utopie, an die Sie und Ihre Partei nicht mehr glauben (und das ist wahrscheinlich einer der wenigen Punkte, wo wir uns treffen), denn ein "mündiger Bürger" kann sich in der Regel selbst gegen verbale Attacken (wie der Aufforderung zum Drogenkauf) wehren und bedarf nicht des Schutzes. Wenn Sie meinen, dass "NEIN" sagen nicht "die wirksamste Waffe gegen Drogenkriminalität" ist, meinen Sie etwa im Ernst, Ihre Bürgerwehr könnte bessere Ergebnisse hervorbringen? Aber nicht im Ernst? Sie glauben also, wenn einem Drogen angeboten werden, sollte man nicht NEIN sagen, sondern erst mal fleißig einkaufen und dann sein Gegenüber fotografieren und via Handy die Exekutive rufen??? Nein, nein, Frau Uray-Frick, Sie selbst werden einsehen, dass die ganze Handy-Foto-Polizeiruf-Aktion sich in dem Moment erübrigt, in dem der Kunde NEIN sagt. Wenn trotzdem noch einige JA sagen, dann sollte man ihn fragen warum (ich bin mir sicher, dass genau diese Antworten die Richtung vorgeben für eine äußerst wirksame Anti-Drogen-Politik). Außerdem: die Bürger, die Sie schützen wollen, wissen zum Großteil nicht, wovor sie da geschützt werden. Die Drogenaufklärung in Graz ist ja auf dem Stand der 50er Jahre. Immer wieder kann man in Lokalzeitungen von "haschischspritzenden" Jugendlichen lesen, was den Informationsstand des größten Teils der Grazer Bevölkerung widerspiegelt. Wie kann man so etwas wie diese Bürgerwehr überhaupt erwägen, wenn die Bevölkerung derartig unaufgeklärt ist. Es entsteht hier der Eindruck von Schildbürgern, die ähnlich wie Don Quixote jede Windmühle für einen Dealer, jeden Weihnachtskeks für einen Klumpen Haschisch und jedes bisserl Mehlstaub für Kokain halten. Sie behaupten ferner, dass es ähnliche Versuche in anderen Ländern gibt. Ich glaube das. Solche Modelle zeichnen Kulturen aus, die einige Entwicklungsstufen hinter uns stehen (wie etwa die USA). Ich frage mich, warum sie kein Beispiel anführen. (Fritz Lang entwarf schon zu Beginn des Jahrhunderts mit "M-eine Stadt sucht einen Mörder" ein solches Modell und zeigt anschaulich, warum es zum Scheitern verurteilt ist). Am meisten beeindruckt, ich möchte sogar sagen "verblüfft" hat mich der Begriff "institutionelle Phantasie", die Sie scheinbar von mir einfordern. Was soll das bitte sein? (is das nicht ein Widerspruch per se??) Ich freue mich ja, daß Sie mich als lernfähig betrachten, das tu ich auch. (Meinen jetzigen Beruf selber erlernt, ohne Geld und Hilfe vom Staat, also muss ja was dran sein). Ich finde kein einziges sachliches Argument in Ihrem Schreiben, das für die Einrichtung der von Ihrer Partei forcierten Bürgerwehr spräche Aus diesem Grund würde es mich sehr freuen nocheinmal von ihnen zu hören. Nik Zerdahelyi |
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