| Steiermark: Sehnsucht und Rausch | ||
| bald
mai vorbei von christine werner die grazer bürgerwehr gerade ein paar tage jung und schon totgewünscht - fristet ein klägliches dasein. niemand außer sie selbst und ihr finanzier, die FPÖ (laut Der Standard rund 25.000,- euro), will sie haben. naturgemäß mischt sich daraufhin der freiheitliche justizminister Böhmdorfer persönlich ein und lobt die seltsame truppe prompt als vorreiter mit gesamtösterreichischer vorbildwirkung. ein politstreich, wie er schöner nicht ins österreichbild 2002 passt: diese regierung regiert für sich selbst und an der bevölkerung vorbei. schlimmer noch: sie zwingt bürgerInnen wichtigtuerisches treiben auf und lässt hochoffiziell gegen ihren willen kontrollieren, also personen belästigen. was nützt es, wenn kanzler schüssel sich vorerst von dieser bürgerABwehr distanziert. aus erfahrung wissen wir, dass solcherlei den koalitionspartner bis ans äußerste treibt (familienverrat, "nestbeschmutzung"), so dass am ende anstatt tadel für unsinniges, eine lobhymne auf modern regieren erklingt. wie sie einander schlagen und sich wieder vertragen, der FPÖ folgen in zweitausend folgen.
oder "wer sich von den männern der privaten bürgerwehr verfolgt fühlt, wird die polizei verständigen". die direktorin der Graz International Bilingual School (GIBS), Elisabeth Fleischmann, ist höchst verärgert, dass die 407 schülerInnen ihres gymnasiums als zielscheibe freiheitlicher sündenbockpolitik benutzt werden: "hat man uns wegen der nähe zum Lendplatz gewählt oder weil wir schülerInnen vieler nationen haben?" zitat Der Standard: "man befürchtet eine getarnte hetze auf die im bezirk Lend lebenden afrikaner." bei der pressekonferenz des vereins "Bürger für Schutz und Sicherheit" stellten vizebürgermeister Peter Weinmeister und Oberst Helge Endres stolz ihre pläne vor. Oberst Endres, der schon seinerzeit, bei der angelobung im gemeinderat in der uniform des bundesheeres aufgetreten war, erschien auch diesmal fesch und resch um diese ergänzt. doch heeresintern löste seine "verkleidung" bestürzung aus. zitat seines vorgesetzten Claudius Bubner: "wenn Endres in zivilkleidung dort ist, ist das seine sache. mit der uniform...entsteht der eindruck, dass das bundesheer etwas mit der bürgerwehr zu tun haben würde, was nicht der fall ist. ein auftritt in uniform bei einer parteinahen veranstaltung ist nicht tragbar..." im zuge dieser schlagzeile war in der kleinen zeitung außerdem zu erfahren, dass der oberst mitglied der kameradschaft IV sei, die im handbuch des rechtsextremismus als "rechtsextreme veteranenorganisation ehemaliger angehöriger der waffen-ss" bezeichnet wird. nun fordert nicht nur bürgermeister stingl den rücktritt des unpassenden gemeinderates. auch das medieninteresse ist groß. berichtet wird u.a. in der Berliner Zeitung. wenn ein soldat für seine gesinnung sogar gegen die allgemeinen dienstvorschriften des bundesheeres verstößt (ohne genehmigung darf in uniform nicht aufgetreten werden) muß er schon weit ausgeklinkt sein. aber er wird ja innerlich ins ehemalige dritte-reich-mileu (ehemalige waffen-ss) getrieben. also sollte er sich vor politischen ämtern hüten. der mann hat sich wohl durch die regierungsbeteiligung seiner partei und durch die tatsache, dass ein freiheitlicher minister dem verteidigungsministerium vorsteht, zu sehr in sicherheit gewogen. doch sein general rief zum rapport. grünen-klubchef Hermann Candussi: "das heer soll sich im sinne einer selbstreinigung von solchen leuten wie Endres trennen." die bürgerwehrler indes uniformieren sich mit baseballkappen und lässigen polohemden blau versteht sich und müssen sich den protesten beugen. drogenhändler werden sie vielleicht "später" observieren. lieber informieren sie eine zeitlang. worüber, will die grazer bevölkerung erst gar anicht wissen. es geht um "zivilcourage", plastisch dargestellt durch das wegräumen einer zerbrochenen flasche vom trottoir. versteht sich von selbst, dass diese "arbeit" nun doch nicht wie geplant täglich verrichtet werden soll. vorher wolle man die "einsatzkräfte" schulen. initiator und FPÖ-gemeinderat Alexander Lozinsek: "...um in erster linie mit der bevölkerung ins gespräch zu kommen." es wird eine wahrliche knochenarbeit werden, den grazerInnen die feindbilder schmackhaft zu machen. worin die blauen wunder allerdings anderen voraus sind: sie werden sich bei der zwangsbeglückung keine blauen augen holen, da ihre blauäugigkeit bereits voraussetzung war. laut Der Standard wettert SPÖ-bundesgeschäftsführerin Doris Bures gegen die "bespitzelungstägigkeiten": "dass eine regierungspartei eine eigene schutztruppe aufstellt, ist untragbar. es muss unser aller anliegen sein, derartige ansätze von selbstjustiz bereits im keim zu ersticken." landeshauptfrau Waltraud Klasnic (ÖVP): "die Grazer Exekutive ist bestens ausgebildet!" innenminister Ernst Strasser (ÖVP): "wir brauchen keine reserve-polizisten, keine reserve-rambos und schon gar keine reserve-sheriffs." dies sei im "Wilden Westen" auf der tagesordnung. in Österreich machten polizei und gendarmerie einen guten job. "sicherheit ist die kernaufgabe der exekutive und des staatlichen sicherheitsdienstes." die vom start weg verhöhnte und gescholtene bürgerwehr wird sogar in der steirischen Kronenzeitung satirisch heruntergemacht. doch in der FPÖ plant man unbekümmert eine ausweitung. Franz Stingl, Grazer polizeipräsident, stand bereits dem freiheitlichen dealerkopfgeld, das "bis heute keinen einzigen interessanten hinweis gebracht hat", ablehnend gegenüber. die haltung der polizei ist nicht überraschend, stellt die FP-bürgerwehr schließlich die "originalen" sicherheitskräfte als unfähig dar. |
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2002 |