| Donnerstag, 16. Mai 2002
Elke Kahr
Klares Nein zur Grazer "Schildbürgerwehr"
Stellungnahme im Grazer Gemeinderat zum Dringlichkeitsantrag über die Petition gegen die
Bürgerwehr der FP
Der Grazer Künstler Jörg Vogeltanz hat für die
Bürgerwehr der FP den Begriff "Schildbürgerwehr" geprägt. Ich meine, dass
damit genau getroffen wird, wie lächerlich diese Wahlkampfinitiative in Wirklichkeit und
nur für sich genommen ist. Hier sind wirklich Schildbürger am Werk. Wer glaubt, er
könnte nach einer achtstündigen Einschulung die Bevölkerung vor Verbrechern schützen,
dem geht es so wie jemandem, der zum ersten Mal auf Bretteln steht und glaubt, nach einem
eintägigen Skikurs schon zum Weltcup-Rennläufer geworden zu sein.
Die Bürgerwehr ist jetzt noch vor allem eine lächerliche Sache, gleichzeitig ist sie
aber sehr gefährlich. In Wirklichkeit geht es darum, erstmals im Österreich der 2.
Republik die Privattruppe einer Partei zu etablieren. Die Sicherheit der Bevölkerung und
der Kampf gegen die Drogen sind dabei nur ein Vorwand. Während bei der Polizei Posten
gestrichen werden, während auf fast allen Gebieten, von der Schule über die
Drogenprävention bis zu den unabhängigen Sozialinitiativen gespart wird, spielt man hier
bewusst mit den Emotionen und setzt umgerechnet mindestens 200.000 S aus Parteigeldern
ein, damit Gemeinderat Lozinsek österreichweit im TV präsent ist, wie er durch den
Volksgarten schreitet.
Diese parteipolitische Profilierung schadet dem Ansehen unserer Stadt und sie schadet
langfristig der Demokratie. Deshalb sind die Proteste von großen Teilen der Bevölkerung
gegen die FP-Bürgerwehr nur zu begrüßen. Außerdem halte ich es für erfreulich, dass
auch die Spitzenvertreter der Exekutive in dieser Situation die richtigen
Worte gefunden haben.
Darüber hinaus sollten wir daran denken, dass nur eine gerechte Gesellschaftsordnung die
Basis für den Kampf gegen Drogen und Kriminalität bietet. Solche Aktionen, wie sie die
FP in Graz durchführt, sind aber ein Ausdruck des Zerfalls unserer Gesellschaft und
dienen in keiner Weise ihrem Zusammenhalt.
Ein letztes Wort: Als Vertreterin der Kommunistischen Partei, die große Opfer im Kampf
für die Befreiung Österreichs vom Hitlerfaschismus gebracht hat und für die der 8. Mai
der Tag des Sieges und der Befreiung ist, lehne ich das, was die Kameradschaft IV der
Waffen SS unter Ruhe und Ordnung versteht, ab. Der Ruf nach Ordnung und Sicherheit ist
auch in diesem Fall nur der Vorwand für Schlimmeres. Die Schaffung privater Bürgerwehren
ist in unserem Land mit einer Geschichte verbunden, in der die Ordnung der Deckmantel für
die Ausgrenzung aller Andersdenkenden und für Schlimmeres war.
Deshalb unterstützen wir diesen dringlichen Antrag.
core | reset
|